Quälen für Deutschland
von Rainer Pause


 
Liebe Grünen, liebe Alternativen,
liebe Mitglieder unseres geliebten Heimatvereins Rhenania,
liebe Bonner!

25 Jahre Alternative und Grüne Liste Bonn.

Als ich gebeten wurde, als Vorsitzender des Heimatvereins zu diesem Anlass hier ein Grußwort an die Öffentlichkeit zu richten, hab ich gedacht: Um Himmels willen, so lang gibt’s die schon! Wer hätte das jemals gedacht - damals, dass es soweit überhaupt kommen würde.

25 Jahre! Das ist ja schon ein Stück Heimat, also ein Teil von uns. Normal bekommt man da bei uns im Verein eine Nadel. Und ich denke, Gotteswillen, Grußwort ja, aber das kannste doch bei denen nicht machen! Jetzt hier 'ne Nadel.

Nicht dass die alle wieder rückfällig werden! 

Schließlich haben wir doch viele von denen seinerzeit aus der Nadel rausgezogen, von der Straße weg und bei uns im Verein integriert.

Ich weiß noch genau, nach diesen Unruhen in den 70er Jahren, nach Rathaussturm, Vietnam, SOS und Hannes Herr, wie der mit seinem Dackel Bonn unsicher machte, haben wir gedacht, es muss mal Schluss sein mit dem Durcheinander auf den Straßen, Schluss mit der Kifferei! Außerdem hatten wir Mitgliedermangel! Und haben viele dann mühselig von den Drogen ans heimische Kölsch umgewöhnt!

Und das hat sich auf Dauer ja auch bewährt, sieht man ja: Wer im Rat ist, ist weg von der Straße!

Und das war dringend nötig. Allein schon von der Kleidung her. Man konnte es ja nicht mehr ansehen, diese Schlabberkleider, Latzhosen, Haare und Bärte bis zum Drauftreten. Ich dachte: Gut, dass die jetzt in geschlossenen Räumen sitzen. Das Dumme war nur, dass dann plötzlich jede Fernsehkamera nichts anderes zu tun hatte, als ausgerechnet die strickenden, säugenden Mütter zusammen mit den Latzhosenträgern aus den Ratssälen und von den Parteitagen direkt in jeden Haushalt zu übertragen. Und, was noch schlimmer war, strickende, lila Latzhosen tragende Männer, die nur mit dem Säugen der Kinder noch Schwierigkeiten hatten. Eine Erniedrigung sondergleichen.

Aber daran kann man sehen, dass wir Männer es waren, die die Emanzipation der Frau erst ermöglicht haben. Was dabei völlig in Vergessenheit geraten ist, das war immer schon so: Schon nach dem Krieg seinerzeit. Wie war es denn da? Bloß weil wir Männer im Krieg geblieben sind, konnten die Frauen sich doch erst als Trümmerfrauen profilieren! Wir Männer mussten dafür sterben, dass ihr euch emanzipieren konntet.

Gut, heute sterben wir nicht mehr, aber die Frage ist, ob es günstiger ist! Ich war immer für die Emanzipation, aber... - es macht nicht mehr soviel Spaß. Früher, als Kavalier, haste der Frau die Tür aufgehalten und bist anschließend wieder vorgegangen. Heute haben wir die Quote, da biste dazu verpflichtet und musst sie immer vorlassen. Das hat doch keinen Charme. Und immer in bunter Reihe gehen. Das einzig Positive ist, dass sie mittlerweile endlich wieder ordentliche Anzüge tragen.

Dann: Umwelt. Gesunde Ernährung. Natürlich war ich immer dafür. Aber, da fingen die im Rat an Wasser zu trinken. Und vor allem nach der Sitzung auch. Wo gibt’s denn so was. Das hatte doch Signalwirkung. Heute unsere Vereinsjugend, mit der kannste nicht mal richtig feiern, weil sie nichts mehr vertragen. Es wird immer weniger Kölsch getrunken und vor allem, jetzt ist noch Mode geworden, dass man die Schnäpse nicht mehr pur trinkt, wie es normal wäre, sondern die verdünnen die mit Limo, diese Alkopops.

Alle sind so empfindlich geworden. Jetzt wollten wir im Verein ein Fest machen, wie immer, wo die Jagdsaison beginnt. Ein Fass und mit ’nem ordentlichen Rehbraten dabei. Sofort hieß es bei den Jungen: „Nein, um Gottes willen, kein Reh schießen!“
„Ja, was denn sonst?“, hab ich gesagt. „Sollen wir's mit dem Auto totfahren?“
Es werden doch mittlerweile mehr Rehe überfahren als wie geschossen! Es gibt doch viel zu viele. Die Rehe verzweifeln doch, wenn sie keiner mehr schießt. Stehen am Straßenrand und warten quasi drauf, dass sie vom Auto mitgenommen werden... Muss das denn sein!?

Wir haben früher wirklich mit der Natur gelebt. Ich weiß noch genau, wir haben nicht einfach die Frösche über die Straße getragen, sondern wir haben uns mit ihnen beschäftigt, haben sie gesammelt und dann aufgeblasen! Manchmal haben wir ihnen die Beine ausgerissen, nicht um sie zu quälen, nur aus Neugier, um zu gucken, ob die wieder anwachsen. Natürlich haben wir dafür damals ein paar hinter die Ohren bekommen. Aber heute die jungen Leute, die quälen keine Tiere, sondern höchstens sich selbst. Bohren sich einen Korkenzieher durch die Lippe. Und du kannst ihnen nicht mal eine dafür hinter die Ohren geben, weil sonst haste gleich die ganzen Stecker in der Hand. Das hat man davon, das ist das Ergebnis. Ihr habt das Menschenrecht für Tiere durchgesetzt und den Mensch dabei vergessen!

Die Jugend, im Grunde, kann sich noch nicht mal selber quälen. Guckt euch doch Olympia an! Mein Gott! Der einzige, der sich da wirklich gequält hat, war ich! Aber die doch nicht. Unser Bonner von der Telekom, Jan Ulrich.

"Ich bin hingefahren, um eine Medaille zu holen. Ich wunder mich auch, dass es nicht geklappt hat. Ich war eigentlich gut drauf,“ hieß es immer wieder.

Medaillen holen.Wie holen? Holen? Medaillen holt man doch nicht, die gewinnt man! Da kämpft man drum! Ist doch nicht wie beim Einkaufen. Ich hol mal gerade noch ein paar Körner Riegel oder Dinkelchips und wo ich schon mal unterwegs bin, hol ich noch 'ne Medaille mit dabei. So, als würden die Medaillen nur auf einen warten, dass man sie holt. Das ist doch was anderes, wenn ich zur Frau sag: „Kannste mir mal eben ein Bier aus dem Keller holen!“ Das steht ja da und wartet nur drauf, dass sie kommt und es holt. Aber nicht mal das klappt mittlerweile, da muss ich auch oft drum kämpfen, weil die Frau oft sagt: „Hol's doch selber!“ Das Ergebnis der Quote!

Medaille holen!

Früher hieß es: Sieg im Volkskrieg! Waffen für EI Salvador und Nicaragua! Und dann kam der Pazifismus und jetzt muss man sich für die Bundeswehr schämen, egal bei welchem Auslandseinsatz. Auch bei Olympia! Dass sie keine Medaillen holen oder Orden holen, sondern Angst haben, sie holen sich ’nen Hitzschlag oder ’nen Muskelkater.

Keiner will sich mehr richtig quälen in Deutschland.

Kein Wunder, dass die Amerikaner den Prozess gegen ihre Folterer nach Deutschland gelegt haben, weil nämlich die Haftbedingungen in Amerika für ihre eigenen Folterer viel zu hart wären.

Bei uns wird keiner so richtig gequält.

In Deutschland hat ja Folter keine Tradition mehr. Auch wegen euch, den Grünen. Das ist natürlich gut so. Obwohl, ohne Folter hätten wir schließlich keinen Heiligenkalender.

Obwohl mittlerweile die Diskussionen in anderen Parteien wieder anfangen: Ob man nicht doch mal... - wegen dem Terrorismus - ... Ja, dann hätten sie früher anfangen müssen. Schon damals in den 70ern hat der Vorgänger vom Schröder, der Ministerpräsident von Niedersachsen, der Kekspräsident, der Albrecht, gesagt, Folter könnte durchaus mal hilfreich sein, gegen die 68er... Ja, diese Terroristen. Und heute ist es zu spät, heute sitzen sie nämlich in der Regierung in Berlin! Schily, Fischer, Schröder... Haben mit der RAF gefrühstückt, die RAF hat dann in Frankfurt das Kaufhaus angezündet und ich weiß nicht, was die noch alles nebenbei haben mitgehen lassen dabei. Hießen nicht umsonst RAF. Dann in Palästina, in den Lagern die Palästinenser ausgebildet! Mit den Kaufhäusern hier fing’s an. Kein Wunder, dass der Bin Laden BIN LADEN heißt. Das hängt doch alles zusammen! Und die sollen den Umsatz in Deutschland anheizen? Wo sie früher gegen den Konsumterror angekämpft haben?

Aber Sex! Sex wurde früher immer im Munde geführt, aber dann wenn’s um Verantwortung ging: Zack, war immer ein Gummi dazwischen! Kein Wunder, dass wir heute zuwenig Beitragszahler haben!

Deshalb stecken wir doch in der Krise: Der Umsatz wird runtergefahren. Man soll nicht mehr Autofahren. Hier in Bonn doch auch. Ihr habt dafür gesorgt, dass ein Radweg mitten auf die B9 kommt. Da muss man sich im Stau vom Fahrrad rechts überholen lassen!!

Nicht mehr Rauchen. Steht überall drauf auf den Packungen: Du sollst nicht töten! Dann solltet ihr aber auch auf die vielen Wasserflaschen drauf schreiben: Der Genuss von zuviel Wasser tötet jede Stimmung!

Was ich sagen wollte - 25 Jahre Grüne und Alternative Liste. Vor 25 Jahren da hat es angefangen: Damals habt ihr gekämpft gegen die Bundesgartenschau, diesen herrlichen Rheinauenpark. Ja, hieße es da, mit den künstlichen Wegen würde die Natur vergewaltigt! Natürliche Auen müsste man erhalten, Grundwasser, Frischluftschneisen. Frag mich aber heute: Habt ihr gelernt? Seid doch auch älter geworden, habt Rückenschmerzen wie wir andern auch und seid froh, dass ihr jetzt selber auf den künstlich angelegten Wegen laufen könnt. Ich seh’s doch immer. Und was passiert? Ihr schwitzt dabei wie bekloppt, heizt die Atmosphäre auf und bringt die Polkappen zum Abschmelzen. Insofern seid ihr an allem auch mitbeteiligt.

Bonn ist schön geworden, auch mit den Grünen. Wer hätte das gedacht. Zumindest 20 % letztens.

Insofern gehört ihr mit dabei, zu unserer Heimat.


Foto: Gisela Mengelberg

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